In meiner ersten Yoga Ausbildung 2018 sollten wir unsere „Hassana“ aufschreiben, also die Asana, die wir am wenigsten mögen. Ich schrieb das Dreieck auf (was ich heute liebe), weil ich damals nicht daran geglaubt habe, dass ich einen Kopfstand lernen werde.
Ich lies den Kopfstand aus und machte selten die Vorübungen. Meine Angst war einfach zu groß kopfüber zu stehen, die Kontrolle zu verlieren und am Ende noch in der Yogaklasse umzufallen. Umkehrhaltungen stehen dafür, Ängste zu überwinden und die Dinge aus einer anderen Perspektive zu sehen. Der Kopfstand (Sirsasana) schenkt Selbstvertrauen, Mut, hilft dabei, sich zu konzentrieren und stärkt die Willenskraft. Um Sirsasana zu üben benötigt man ein hohes Maß an Stabilität, Kontrolle, Kraft (und eine geeignete Anatomie).
Anfang 2020 entschloss ich mich drei Dinge in diesem Jahr zu lernen: freihändig Fahrrad fahren, den Kopfstand und Hula Hoop (ziemlich random – i know). Ich übte und übte am Kopfstand, fiel auch mal um, feilte an meiner Technik und lies mir Zeit. Eines Tages stand ich zum ersten Mal auf dem Kopf (genauer auf den Unterarmen und dem Kopf). Das war ein großartiges Gefühl! Jetzt musste ich noch von der Wand wegkommen, was gar nicht so leicht war (im Nachhinein würde ich niemandem empfehlen, an der Wand zu üben). Aber auch das lernte ich mit viel Geduld und kleinen Schritten.
Das könnte das Ende der Geschichte sein, aber 2022 kamen meine Ängste, Sorgen und depressive Verstimmungen zurück, die ich schon aus anderen Episoden meines Lebens kenne und das Erste, was ich in in meiner Praxis verlor, war meine Sicherheit im Kopfstand. In den Sonnengrüßen bekam ich bereits Angst vor der Kopfstand-Sequenz, die am Ende auf mich wartete und ich entschied mich immer öfter für das Kind (auch eine tolle Umkehrhaltung). Mein Geist war einfach zu laut und erlaubte es mir nicht, mich zu fokussieren und Stück für Stück, so wie ich es gelernt habe, meinen Weg in den Kopfstand zu finden. Mir fehlte das Vertrauen.
Ein Jahr später, nach einem roughen Winter, Therapiestunden und regelmäßiger Praxis habe ich den Kopfstand wieder gelernt. Und als ich das erste Mal darin stand und mein Mantra „Ich glaube an mich“ wiederholte, kullerten im darauffolgenden Kind (Balasana) die Tränen vor Freude.
Was ich der Sirsasana Praxis gelernt habe?
1. Schöpfe Mut, neue Dinge zu lernen!
2. Mit Baby Steps und Geduld zum Ziel.
3. Nimm die kleinen Schwankungen im Kopfstand (und im Leben) an.
4. Im Falle des Falles fang wieder bei 1. an. 💜
Disclaimer: Wenn du das liest und denkst: Oh Gott, ich muss den Kopfstand machen: Niemand muss den Kopfstand üben und es gibt viele Gründe, ihn nicht zu praktizieren. In meinem ganz persönlichen Fall ist der Kopfstand mein Lehrmeister. Dabei muss ich immer wieder an meine Lehrerin Romy denken, die sagt: „Die Asana, die uns am schwersten fällt, sollten wir am häufigsten üben.“
Om bolo sad guru Bhagavan ki jai